Historisches Kloster-Ensemble Groß Ammensleben
39326 Niedere Börde OT Groß Ammensleben
Ehemalige Benediktiner-Klosterkirche St. Peter und Paul mit Domäne an der Straße der Romanik
Weithin sichtbar erhebt sich der Kirchturm der ehemaligen Benediktiner-Klosterkirche St. Peter und Paul von Groß Ammensleben in der Landschaft der Niederen Börde nordwestlich der Landeshauptstadt Magdeburg. Im Jahr 1110 von Graf Theoderich II. von Ammensleben und Grieben und seiner Frau Amulrada als Eigenkloster der Familie gegründet, wurde ein Collegium der Augustiner-Chorherren errichtet. 1124 stellte Papst Honorius II. ein erstes Schutzprivileg aus. Drei Jahre später, 1127, wurde das Kloster an Erzbischof Norbert von Xanten und damit an das Erzbistum Magdeburg übergeben. Benediktiner-Mönche vom Kloster Berge bei Magdeburg hielten Einzug. Nach einem verheerenden Großbrand wurde die Kirche im romanischen Stil aus Bruchsteinen wieder aufgebaut und 1197 in Anwesenheit der hohen Geistlichkeit und des Adels den Aposteln Peter und Paul als den beiden Namenspatronen geweiht.
Die Wirren der Kriege und konfessionellen Auseinandersetzungen sowie wirtschaftlichen Krisen der Zeitläufe hat das Kloster relativ gut überstanden. Nach Reformation, Bauernunruhen, Schmalkaldischem und Dreißigjährigen Krieg blieb das Kloster katholisch und wird seither von der evangelischen Gemeinde als Pfarrkirche mitgenutzt. Der Klosterabt stand im Rang eines Bischofs und besaß sowohl die hohe als auch die niedere Gerichtsbarkeit, worauf auch die heraldischen Symbole des Klosterwappens verweisen.
Gotische Modernisierungen, wie der Einzug eines Kreuzrippengewölbes im Hauptschiff, erfolgten zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Es bereitet heute besondere Freude, verschiedene architektonische Elemente, wie bspw. schmückende Schachbrett- und Palmettenfriese der Kämpfer an den romanischen Säulen und im Außenbereich Teilstücke von einem romanischen Bogenfries zu entdecken. Von den ursprünglich geplanten vier Türmen kam nur der nordwestliche zur Ausführung; das Langschiff wurde mit einem dreigliedrigen Dachreiter mit Glocken bekrönt.
Zum Kloster gehörte ein großer Wirtschaftshof mit Brauerei und Landwirtschaft, Ackerbau und Viehzucht. Seinerzeit weithin begehrt war bspw. das in einer eigenen Gastwirtschaft in der Magdeburger Leiterstraße angebotene „Klosterbräu“, was dem Magdeburger Magistrat nicht sonderlich gefiel, da es akzisefrei ausgeschenkt werden durfte.
Auf der Nordseite begrenzt seit spätestens 1360 das Schäfertor den Wirtschaftshof. Erhalten sind Bauelemente von der Erneuerung 1525. Seine heutige Erscheinung mit den Stifterfiguren Benedikt und Ritter und der Steinkartusche mit Inschrift des Abtes Beda Litze erhielt es um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
In diese Zeit des Hochbarock und der wirtschaftlichen Prosperität fallen auch die Anlage eines Lustgartens, von dem noch zwei Sandsteinfiguren erhalten sind, der barocke Orgelprospekt von 1756 und der barocke Hochaltar aus dem Jahr 1769. Die ebenfalls barocke Kanzel aus dem Jahr 1724 wurde aus der Klosterkirche Althaldensleben umgesetzt. Bei Grabungsarbeiten wurde 1988 eine Memorialtumba mit Ritterfigur und Wappen der Grafen von Ammensleben aus der Zeit um 1500 gefunden. Zu sehen sind auch vornehmlich barocke Epitaphe. Die jüngste Renovierung der Kirche wurde 2018 abgeschlossen.
Im Jahr 2000 kaufte die Gemeinde Niedere Börde die Domäne zurück und übertrug die ehemalige Klosterkirche wieder der katholischen Gemeinde. Mit Fördermitteln wurden die Domäne zum Festplatz des Ortes Groß Ammensleben gestaltet und die Alte Schmiede zum Informationscenter und zur Begegnungsstätte umgebaut.
Das historische Ensemble der ehemaligen Klosterkirche St. Peter und Paul mit der Domäne Groß Ammensleben liegt an der Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt und ist die erste Station auf der Nordroute Richtung Altmark; zugleich gehört es zur Europäischen Kulturstraße Transromanica.
Um den denkmalgerechten Erhalt und um die weitere touristische Erschließung der Sehenswürdigkeiten kümmern sich der Förderverein historische Klosterkirche Groß Ammensleben an der Straße der Romanik e.V. und die Kulturhistorische Gesellschaft Groß Ammensleben an der Straße der Romanik e.V.
Besichtigungen und Führungen sind nach Absprache im Informationszentrum (Tel.: 039202-5 91 48) möglich. Von Mai bis September findet jeweils am letzten Sonntag des Monats die „Serenade HalbSechs“ in der Kirche statt und das Informationszentrum ist von 14 Uhr bis 16 Uhr für Besichtigungen und Führungen geöffnet.
Änderungen vorbehalten.
PD Dr. phil. habil. Rüdiger Pfeiffer